Es war Mitte November 2020. Kirsche und ich nutzten ein Abendessen zu viert, um Romy und Ben die tolle Idee des Fluges nach Deutschland über die Weihnachtszeit zu überbringen. Unsere Mamas und Papas, sowie Geschwister+ waren ebenfalls im Bilde.
Wir sagen es mal so: Die Reaktion war so nicht zu erwarten. Ben zog sich in sich zurück, wurde ganz nachdenklich und ruhig. Romy tat es ihrem Bruder gleich und hüllte sich ebenfalls in Schweigen.
Erst nach genauem Nachfragen traten dann auch die wesentlichen Gedankengänge von Beiden ans Tageslicht. Es waren vor allem Fragen wie:
„Aber was machen wir denn dann mit Corona?“, oder auch „So lange kann ich doch gar nicht die Maske tragen!“ oder auch, „Dann sehe ich ja meine Freunde hier so lange nicht mehr!“.
Das waren alles Fragen und Gedanken, die es zu berücksichtigen und vor allem zu beantworten galt. Bei einigen Punkten konnten sich die Kids selbst helfen, bei anderen waren wir es, die beruhigen konnten. So erklärten wir ihnen unseren Plan, wie wir uns und unsere Familien bestmöglich mit drei COVID-19-Tests, zumindest bis zu einem gewissen Grad, absichern konnten. So sah der Testplan 2x mal Kanada & einmal Deutschland am BER vor.
Bei einer anderen Herausforderung schnappte sich Ben am Tag nach der Info eine Maske und bat mich, ihm nach 2h Bescheid zu geben, sodass er seine Maske wechseln konnte. Denn von seiner Lehrerin hatte er aufgeschnappt, dass sie sich bereits nach 45min mit Maske nicht mehr konzentrieren und richtig atmen konnte. 4h später waren wir klüger und Ben vor allem beruhigter. Es war möglich, nicht bequem, aber definitiv eine Herausforderung, der man sich stellen konnte, um die Heimat, Familie und Freunde zu besuchen.
Romy hatte vor allem riesigen Respekt vor den langen Wattestäbchen. Hier halfen vor allem Gutzureden und die Zusicherung, dass Mama & Papa den Test zuerst durchführen würden.
DOCH, diese Zeiten sind nicht normal. Und das Ergebnis ist all unseren Liebsten in der Heimat mehr als gut bekannt. Die Zahlen hier und daheim ließen keine andere Entscheidung zu. Wir sind in Kanada geblieben. Und wir können jedem von euch zusichern, dass es sich hierbei 100%ig um eine Kopf- und nicht um eine Bauch- oder Herzentscheidung handelte. Vor allem für unsere MaPas tat es uns leid, da sie sich sicherlich am meisten darauf gefreut haben, uns zum Weihnachtsfest um sich herum zu haben. An dieser Stelle noch einmal ein ganz großes Dankeschön liebe MaPas fürs Schmücken des Hauses und für die Lieferbestellungen zur initialen Befüllung des Kühlschrankes – wir wären so gern ins gemachte Nest gekommen.
Zum Glück haben zumindest die Adventskalender mit den ganz persönlichen Noten ihren Weg in die Wohnzimmer von MaPas und OmPas gefunden.
Um uns ein wenig von dem Verlust loszureißen, organisierte Kirsche die Umbuchungen der Flüge auf Ostern 2021. Ben wuchtete wieder die riesigen Koffer zurück in den Keller und wir bliesen die Beurlaubung unserer Kids im Januar ab (zwei Wochen Quarantäne, nach unserer Rückkehr, hätten wir in Kauf genommen – samt Homeschooling). Kurz danach studierte Kirsche die Ferienhaussituation in Quebec. Denn eines war uns klar. Wenn es uns schon nicht vergönnt ist, über den Teich zu fliegen, dann nutzen wir wenigstens die Zeit, um noch mehr von unserer Wahlheimat zu sehen. Und SCHNEE war hierbei das Zauberwort. Wann haben wir das schon mal zuhause in Schöneiche? Selbst in Montreal ist eine weiße Weihnacht mittlerweile nicht mehr garantiert.
Also fanden wir ein Ferienhaus in 560km nördlich von Montreal. In ca. 40km Entfernung zur ehemaligen Goldminenstadt Val-d’Or, in La Corne. Hier bewohnen wir also seit dem 20. Dezember einen wirklich toll ausgestatteten Bungalow, direkt an einem großen, zugefrorenen See (Lac la Motte). Der Eigentümer ist als „Snowbird“ über den Winter ins warme Florida gezogen, vermietet seine Sommerresidenz aber an Interessierte, wie uns :-). Einige Bilder an den Wänden bringen uns sogar der Heimat ein wenig näher, denn er war wohl mehrere Jahre in Deutschland stationiert und so lassen sich hier Bilder vom Rhein aber auch der ein oder andere Bierkrug finden.
Unser Tagesrhythmus hat sich schlagartig geändert. Wir stehen spät auf, sind bei -10 Grad Celsius 1-2h draußen. Dort bauen wir 2m hohe Schneemänner oder auch eine Iglumauer und präparieren eine Rodelbahn herunter zum See. Zum Aufwärmen trinken wir dann vorm Kamin Kakao, Glühwein oder eines der anderen alkoholischen Getränke, das Platz im Auto gefunden hat.
Denn das musste vor der Anreise auch bedacht werden. Wir dürfen hier nicht einkaufen gehen, da wir als Montrealer aus einer Red-Zone in eine Orange-Zone gekommen sind und vor allem die Einheimischen schützen wollen. Also nahmen wir die wichtigsten Dinge mit und bestellen hier online, um die Einkäufe im 40km entfernten Val-d’Or abzuholen…sind ja nur 2x40min Fahrt ;-).
Nach den ersten drei Tagen hier können wir behaupten, dass wir ein Fleckchen Erde gefunden haben, an dem wir mal entspannt herunterfahren können – fernab des „Alltages“. Morgen ist bereits Weihnachten und Kirsche und ich sind schon gespannt, wie es dieses Jahr ablaufen wird, da wirklich alles anders sein wird. Doch gehen wir dieser Frage gelassen entgegen, denn erstens wissen wir, dass es euch allen in der Ferne ähnlich geht und dass wieder bessere Zeiten kommen werden. Zweitens haben wir vier uns und halten zusammen.
Frohe Weihnachten in die Heimat. Wir denken an Euch!
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